Dienstag, 10. März 2015

Leibniz: Raum und Zeit sind Relationen

(zuletzt geändert am 16. Januar 2024)

"Der Raum ist die Ordnung gleichzeitig existierender Dinge, wie die Zeit die Ordnung des Aufeinanderfolgenden ist."


Diese Auffassung setzte Gottfried Wilhelm Leibniz (1646 - 1716) dem Substantialismus seines Zeitgenossen Newton entgegen. Leibniz bestreitet den Substantialismus und entwickelt seine Vorstellungen in der Auseinandersetzung mit Newtons Theorie. 

Raum und Zeit existieren nicht eigenständig, sondern sind lediglich Relationen zwischen den Dingen. Der Raum besteht in der Ordnung des Nebeneinander der Dinge, die Zeit in der Ordnung des Nacheinander. Die Größenverhältnisse, Abstände und Positionen der Dinge bilden den Raum. Die Abstände im Nacheinander zwischen Ereignissen bilden die Zeit.

Raum und Zeit sind nach Leibniz Attribute der materiellen Dinge. Da es keinen absoluten Raum gibt, ist Bewegung relativ. Damit war der jahrelange Streit mit Newton programmiert. Das ging so weit, dass sie sich gegenseitig der Gotteslästerung bezichtigten.  Newton machte seinen ganzen Einfluss als Vorsitzender der "Royal Society of Sciences" geltend und ruhte nicht eher, bis Leibniz, ebenfalls Mitglied der Royal Society, als Plagiator gebrandmarkt war. Zu Details und Hintergründen des Philosophenstreits siehe Ed Dellian: "Samuel Clarke: Der Briefwechsel mit G.W. Leibniz von 1715/1716" (auf der Internetseite www.neutonus-reformatus.de).

Aufgrund der zunehmenden Zweifel an Newtons absoluter Zeit und absolutem Raum  gewann der  Relationismus in der theoretischen Physik gegen Ende des 19. Jahrhunderts die Oberhand. Auf dieser Grundlage sind neue Theorien über die Relativität von Raum, Zeit und Bewegung entstanden.    


Kritik des Relationismus

Die zufällige Anordnung der Dinge im Raum ist keine Ordnung, sondern Chaos, jedenfalls was alltägliche und kosmische Größenordnungen betrifft. Entsprechendes gilt für die Aufeinanderfolge der Ereignisse. Die Ordnung wird erst durch den Verstand geschaffen. Raum und Zeit sind Ordnungssysteme im Verstand, wie Immanuel Kant hundert Jahre nach Newton und Leibniz erkannte. Dagegen sieht Leibniz die Ordnung in der Natur, in der Außenwelt.

Newton machte die im Verstand von Natur aus gegebene Vorstellung von absolutem Raum und absoluter Zeit zu Dingen in der Außenwelt. Auch Leibniz sah die Ordnung als in der Außenwelt gegeben.  

Das Argument gegen den Relationismus, wonach Raum und Zeit bereits vorausgesetzt werden, wenn man den Raum als die räumliche Ordnung und die Zeit als die zeitliche Ordnung der Dinge bezeichnet, überzeugt mich nicht. Denn Leibniz erklärt Raum und Zeit nicht aus der räumlichen und zeitlichen Ordnung der Dinge, sondern aus der Ordnung des Nebeneinander und des Nacheinander der Dinge.   

Der Relationismus definiert Raum und Zeit als abhängig von der Materie. Dies ist mit ein Grund für relativistische Irrwege und die Ratlosigkeit der Physik heute in Bezug auf Raum und Zeit. 

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